Mehr Wohnraum und vor allem bezahlbarer Wohnraum sorgt für sozialen Frieden im Land. Bund, Land und Kommunen müssen Hand in Hand die Herausforderung meistern. Das habe ich in einem längeren Interview mit dem Badischen Tagblatt deutlich gemacht:

BT: Herr Wald, was muss passieren, um die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt in den Griff zu bekommen?

Tobias Wald: Mehr Wohnraum kann nur entstehen, wenn es genügend Bauflächen gibt, wenn Bauen wieder preiswerter wird und wenn Bürokratie abgebaut wird. Die Rahmenbedingungen für Neubau und Sanierung müssen optimiert werden.

BT: Was kann die Landespolitik dazu beitragen?

Wald: Wir haben 2016 die Wohnraumallianz ins Leben gerufen. Diese hat inzwischen umfassende Vorschläge unterbreitet, wie man mehr Wohnraum und weniger Bürokratie schaffen kann in Baden-Württemberg. Manches ist schon umgesetzt worden. So haben wir beispielsweise das Landeswohnraumförderprogramm entbürokratisiert und flexibilisiert. Und wir haben das Fördervolumen wesentlich erhöht: Für die Jahre 2017 bis 2019 auf insgesamt 750 Millionen Euro. Das Geld steht für sozialen Wohnungsbau und Eigenheimförderung im Land bereit.

BT: Wer kann von dem Geld profitieren?

Wald: Der soziale Mietwohnungsbau, für den es nicht nur Darlehen, sondern auch Zuschüsse gibt. Aber auch der einzelne Häuslebauer, etwa durch günstige Darlehen. Wir haben Einkommensgrenzen für junge Familien erhöht, damit mehr Menschen profitieren können. Zudem ermöglichen wir die Förderung von sozialem Wohnungsbau auch im ländlichen Raum, nicht nur in Ballungsgebieten. Der soziale Wohnungsbau ist schließlich auch in Hügelsheim oder Iffezheim wichtig. Und: Besonders auf angespannten Wohnungsmärkten wie in Baden-Baden muss mehr getan werden.

BT: Greifen die Maßnahmen?

Wald: Es ist noch zu früh, das zu beurteilen. Die Nachfrage ist auf jeden Fall höher als in den Jahren zuvor. Und viele haben auch abgewartet, denn für die Jahre 2018/19 haben wir noch mal einiges optimiert. Die Mittel kann man seit April beantragen, es läuft sehr gut.

BT: Gibt es weitere Vorschläge der Wohnraumallianz?

Wald: Neben dem erneuerten Landeswohnraumförderprogramm geht es zum Beispiel ums Baurecht. Es gab viele Vorschläge zur Novellierung der Landesbauordnung.

BT: Die berühmte Debatte um Fahrradstellplätze.

Wald: Darauf möchte ich es nicht reduzieren. Wir werden die Landesbauordnung in mehr als 20 Punkten optimieren und entschlacken. Dabei geht es um Vereinfachungen bei der Kinderspielplatzpflicht, Erleichterungen im Holzbau oder eine Flexibilisierung beim Thema Barrierefreiheit. Und es geht auch darum, die starre Pflicht von zwei Fahrradstellplätzen pro Wohnung durch eine flexible Regelung zu ersetzen: Die Gemeinde vor Ort soll entscheiden. Es geht im Prinzip um viele Kleinigkeiten, die aber große Auswirkungen auf die Baukosten haben. Wir wollen weniger Bürokratie und mehr Wohnraum. Der Gesetzentwurf zur Landesbauordnung geht im Herbst in den Landtag. Ich hoffe, dass das Gesetz zum 1. Januar in Kraft treten kann.

BT: Mit den Immobilienpreisen sind auch die Nebenkosten explodiert. Grunderwerbsteuer, Grundbuchkosten, Notar – alles schlägt mit ein paar Prozent vom Kaufpreis zu Buche. Hier hätte die Politik die Möglichkeit, die Kosten für Hauskäufer zu senken.

Wald: Wir diskutieren derzeit eine Reform der Grunderwerbsteuer. Der Vorschlag der CDU ist, die Steuer beim erstmaligen Erwerb von Wohnraum nicht zu erheben. Dafür brauchen wir allerdings eine Gesetzesänderung auf Bundesebene. Wir setzen uns dafür ein. Ebenso wollen wir eine Einschränkung der sogenannten Share Deals, mit denen Wohnungsunternehmen die Grunderwerbsteuer umgehen können. Das wird derzeit geprüft.

BT: Was halten Sie vom Baukindergeld?

Wald: Es ist sicherlich eine sinnvolle Förderung für Familien beim Immobilienkauf. Mindestens genauso wichtig sind mir aber verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten im Mietwohnungsbau. Denn dadurch entsteht zusätzlicher Wohnraum.

BT: Wie sehen Sie die Mietpreisbremse?

Wald: Sie ist in der Form, wie sie in Baden-Württemberg festgeschrieben ist, unbrauchbar. Sie schafft Bürokratie, bringt aber keine neue Wohnung. Wir brauchen weniger Regulierung und mehr Anreize zum Wohnungsbau.

BT: Der demografische Wandel kommt, und viel Wohnraum, der heute gebaut wird, wird in ein paar Jahrzehnten nicht mehr gebraucht. Müsste man sich nicht auch darauf schon jetzt vorbereiten?

Wald: Wichtig ist angesichts des demografischen Wandels, dass wir genügend altersgerechten, barrierefreien Wohnraum schaffen. Aber: Baden-Württemberg ist eine Zuzugsregion. Es kommen viele junge Menschen und Familien. Wir brauchen ganz grundsätzlich mehr Wohnraum. Diese Herausforderung kann nur gelingen, wenn Bund, Länder und Kommunen Hand in Hand anpacken.

BT: Stichwort Innenverdichtung – wird dafür genug getan?

Wald: Wir bezuschussen die Kommunen bei der Aufstellung von Baulückenkatastern. Langfristig sollten wir an dem Ziel festhalten, den Flächenverbrauch auf netto null zu senken. Das schaffen wir derzeit nicht, was zulasten der Landwirtschaft geht. Und auch Themen wie Artenschutz oder der Erhalt der Kulturlandschaft spielen dabei eine Rolle. Ich glaube aber dennoch, dass wir neue Flächen ausweisen müssen. Innenentwicklung allein wird nicht reichen, wir brauchen auch neue Baugebiete.